Montag, 6. Februar 2006

Der Fasching.

Es sei bald wieder Fasching, habe ich heute erfahren.

Letztes Jahr hat man mich am Tag nach meinem 18. Geburtstag genötigt, einen dieser Umzüge zu besuchen. Ich hätte kotzen können - was aber eher auf den Restalkohol der Geburtstagsfeier und die damit verbundenen Kopfschmerzen zurückzuführen ist, als auf die großen, bunten Umzugswägen mit den vielen, lustig-verkleideten Menschen - diese waren einfach nur lästig. Ihre Kostüme haben einzig und allein den Zweck möglichst viele, geräumige Taschen für möglichst viele Flaschen Hochprozentiges bereit zu stellen. Ihre Wägen sind rollende Alkohollager, aus denen die großen Hits unserer Zeit - Call On Me - im Repeatmodus aus den übertriebenen 3000 Watt Boxen schallen, die auch noch Minuten später im Schädel hallen. Menschen ganz gleich welchen Geschlechtes, Alters oder Bekanntheitsgrades fallen mir mit einem donnernden "Helau" um den Hals, um mich an ihrer überschwänglichen Freude teilhaben zu lassen - oder weil sie sich vor übermäßig genossenem Alkohol nicht mehr auf den Beinen halten können. Auf meinem Weg durch die Menschenmassen sehe ich mehrere Halbwüchsige, die sich an Häuserwände oder auf Gehsteige übergeben; es ist kurz nach 13:11 Uhr. Überforderte Eltern versuchen ihre Bälger, die Cowboy und Indianer spielen, von den Rädern der Wägen fernzuhalten und gleichzeitig mit ihren Bekannten den nächsten Prosecco zu leeren.
Alles wirkt so fröhlich aus der Ferne. Aber wenn ich den Kostümierten in die Augen sehe, blickt mir meist nur aufgesetzte Freude und Oberflächlichkeit entgegen - und eine Alkoholfahne weht im Wind und schlägt mir in die Nase.
Als mich schließlich noch ein hinkender Penner mit zerschlissenen Kleidern und verflilzten Haaren rempelt, mich dabei beschimpft und seinen billigen Sangria mit unflätigem Gefluche auf den Pflastersteinen und mich verschüttet, sehne ich mich endgültig nach Abgeschiedenheit und Ruhe - kurz bevor er zwischen dem Gewand einer besoffenen Prinzessin und dem Schild eines römischen Legionärs abtaucht, erkenne ich aus den Augenwinkeln einen funkelnden Faschingsorden, der an einer Kordel um seinen Hals hängt.
Die einzige Ausnahme, die mir an diesem Tag begegnet war. Zu wenig.

Es sei nächstes Jahr auch wieder Fasching, habe ich eben erfahren. Und Übernächstes. Und in drei Jahren... und...andere werden dort sicher ihren Spaß, wenn sie so Spaß definieren mögen, immer und immer wieder haben, solange mich niemand mit Faschingsthemen, Kostümen, Umzügen, Prunksitzungen und Rosenmontagsbällen behelligt, ist mir das völlig gleichgültig.

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