Der Geier fliegt über den kalten, rohen Wüstenboden hinweg. Vieles hat sich verändert in den letzten Wochen. Er, der vor ein paar Monaten erst sein Sommerkleid angelegt hat, friert erbärmlich. Er spüre die Veränderung ja schon seit Jahren, klagt er und fliegt der verdunkelten Sonne entgegen. Das Aas, bemerkt er bitter, ist auch deutlich zurückgegangen. Letztens hatte er doch, um nicht vor Hunger zu krepieren, tatsächlich das erste gefrorene Stück seines Lebens zuerst heraushacken und dann verspeisen müssen. Widerlich - und kalt. Das macht er nicht noch einmal, beschließt er, ehe ihm zuerst die Federn von der Haut, und schließlich die Haut von den Knochen abfällt. Mir ist so furchtbar kalt, durchzuckt seinen bleichen Schädel noch kurz, ehe er verwest und der Wind seinen Staub weiter Richtung Sonne treibt. Irgendwann, oder auch Äonen später, verbrennt die Sonne diesen Staub - ehe sie verlöscht.
Arakasi - 30. Mai, 00:14
Lieber ein Ende mit Schrecken, als ein Schrecken ohne Ende.
- Richtig. Das schriftliche Abitur ist gelaufen und Mathematik hat heute noch einmal den schwarzen Kummervogel abgeschossen.
Arakasi - 17. Mai, 14:52
Ich kann zur Zeit nicht hier bloggen, wegen:
- der Tschebischov-Ungleichung im Kopf
- des dry farmings in den Gedanken
- der säureneutralisierten Musen
- des kreischenden Kafkas im Hinterkopf
Bald. Bald ist es vorbei.
Arakasi - 14. Mai, 01:30
Du hast die sauren Gurken vergessen und wir haben doch nur noch ein Glas, war alles was sie zu sagen hatte, als ich nach einer mehrstündigen Einkaufsfahrt die gekauften Waren vom Auto in die Küche trug. Ausgerechnet die sauren Gurken, die doch keiner von uns beiden mag. Aber falls, argumentierte sie, der K., ein guter Freund von ihr, mal wieder vorbeikommt - er sei schon lange mal wieder überfällig -, dann müssten wir saure Gurken haben, weil er die so gerne möge.
Ausgerechnet der K., der immer unangemeldet auftaucht, mit seinem silbernen Z4 samt Chromfelgen und dem Haus an der Cote d'Azur, der trotzdem spricht wie der niederbayerische Bauer zu seinen Kühen, wenn er sie milkt. Was sie an dem nur findet? Er könne tolle Geschichten erzählen und gut zu hören, hat sie mir ein einziges Mal erzählt, als ich mich beschwerte, dass ich jetzt zum zweiten Mal innerhalb eines Monats saure Gurken hätte kaufen müssen. Trotz all der Antipasti, den frischen Hummern, der Tagliatelle, den Pralinen und dem ordinären Knabberzeug fällt ihr auf, dass die sauren Gurken fehlen, das ist doch nicht normal - aber ich mag diese Genauigkeit meiner Freundin. Jedoch weniger mag ich diesen K.; als wir ihn zufällig mitten in der Nacht in der Stadt trafen und er die Frau des G. und die Tochter der I. jeweils in einem Arm hatte. Beide gut angetrunken, leicht bekleidet; und alle drei auf dem Weg in seine Wohnung. Wie der Hummer und das Antipasti duftet, hoffentlich klingelt es bald; der L. und die R. kommen aber auch immer zu spät, gerade heute wäre das ärgerlich, wenn der Hummer dann übergart wäre. Und wie er sich letztes Silvester, die einzige Party zu der er sich je angekündigt hatte, von uns verabschiedet hat. Mir gab er einen dieser laschen Händedrücke, bei denen man meint, man drückt eine Papaya, die schon vor 3 Wochen besser gegessen worden wäre. Und sie umarmt er stürmisch, schlingt ihr die Arme um die Taille und gibt ihr zwei Küsschen, oder besser: Küsse, auf jede Wange. Der Tisch ist gedeckt, die Gläser funkeln unter dem neuen zwölfarmigen Lüster, und aus der Küche höre ich ein: Jetzt könnten sie aber langsam mal kom...als es an der Tür klingelt. Typisch. Ich renne in die Abstellkammer, wo ein Gurkenglas noch steht, finde mich in unserem Bad wieder, öffne die Kloschüssel, gieße die Gurken, Dillstangen, Möhrchen mit samt Essigtunke hinein und drücke die Spülung. Als ich die Haustür öffne, sehe ich noch immer die Gurken vor mir, die wie in einem Tornado die Kloschüssel entlang rasen und schließlich im Schlund verschwinden. Deswegen wird mir der Satz des L.s auch erst ein paar Sekunden später bewusst. Nein, nein...es gibt schon Hummer und italienisches Gemüse; das Glas hab ich nur in der Hand, weil es abgelaufen war und ich die Gurken leider entsorgen musste. Ich sehe mich noch Jahre später zusammen zucken, als die R. anhebt: Aber ihr mögt doch garkeine sauren Gurken.
Arakasi - 4. Mai, 00:12
Es ist alles auf dieser Welt so unpassend-unangenehm Unperfekt.
Das macht es ja so fabulös-fantastisch Aufregend.
Arakasi - 30. Apr, 01:05
Er geht im Stadtpark spazieren. Die sandigen Wege sind vom Regen der letzten beiden Tage so aufgeweicht, dass sämtliche Fußabdrücke und Spuren verschwunden sind, das Gras hat wieder etwas grüne Farbe gewonnen und die nächsten dunklen Wolken machen sich bereit die ersten Sonnenstrahlen sofort zu ersticken. Es hatte eine anstrengende Woche gehabt. Durch die Baumwipfel lässt sich der gläserne Bau der Stadtbank erahnen, daneben wirkt die Hütte der Tierhandlung so deplaziert wie er in seinem schwarzen Armanianzug auf dem Kinderspielplatz, den er eben passiert. Der Kinderspielplatz ist menschenleer und auch die großen Schachfelder links davon, wo sich sonst die Alten erbitterte Spiele liefern, glitzern verlassen im Sonnenlicht. Er musste einfach mal aus seiner Wohnung hinaus. Der von Taubenscheiße angegriffene, marmorne Springbrunnen mit verrosteten Hähnen ist noch abgestellt, obwohl es seit Wochen keinen Frost mehr hatte. Er wird noch immer von dem Gefühl geplagt, die Decke seines Stadtpalastes würde ihm auf den Kopf krachen. Die alte Stadtmauer, oftmals für Ballspiele der Kinder genutzt, läuft hier parallel des Weges; oben auf ihr genießt eine braune Katze die wärmenden Morgensonne. Er hebt ein nasses Stöckchen auf. Die verblichenen orangen Abfalleimer quillen über vor lauter Fastfoodverpackungen, angebissenen Hamburgern und abgenagten Geflügelknochen. Er dreht das Stöckchen kurz in seiner Hand und wirft es dann ein Stück weg. Erste Geräusche des allmorgendlichen Berufsvekehrs dringen herüber. Eine Frau mit frisch gewaschenen Haaren schleudert, in einem dieser Häuser direkt hinter der Stadtmauer, ihr billiges Schafsfell aus. Er bleibt stehen, blickt dem Stöckchen nach und wartet. Die grauverhangenen Wolken kämpfen die Sonne nieder, und sofort beginnt es wieder zu regnen. Er merkt, dass er noch nie einen Hund besessen hat und beschließt, nach Hause zu gehen.
Arakasi - 26. Apr, 00:14
Sneak-Preview heute, d.h. es wird ein Überraschungsfilm gezeigt, der noch nicht in den deutschen Kinos läuft, und danach soll man den Film mit Schulnoten bewerten:
Vor dem Film:
Person, weiblich, sehr hohe Stimme: "Also, wenn ich gut gelaunt bin, geb ich dem Film auch eine bessere Note!"
Kopfschütteln.
"Tsosti" lief; sehr interessante Thematik(ganz kurz: Kriminalität von Jung-Erwachsene, die auf den Straßen von Johannesburg aufgewachsen sind), die etwas an "City Of God" erinnerte, aber von der Klasse nicht ganz mithalten konnte. Trotzdem ein guter Film, der dieses Jahr auch den Oscar für den besten ausländischen Film bekommen hat.
Während des Filmes immer Mutamßungen direkt in der Reihe über einem hören zu müssen, ist auch sehr nervig:
Frauenstimme I: "Also, ich glaube, der wird jetzt erschossen"
Frauenstimme II: "Nene, der bringt das Baby jetzt zurück und wird verhaftet"
Frauenstimme III: "Quatsch, der bringt das Baby auf keinen Fall zurück.."
Frauenstimme I: "Gib mir mal die Cola...."
Arakasi - 20. Apr, 01:25
Man kennt sie ja diese Leute, die von sich behaupten unfotogen zu sein und meinen auf jedem Bild, das von ihnen gemacht wird, sie müssten schrecklich aussehen. Das ist nervig, niemand will es wissen, und es stimmt auch seltenst.
Deshalb sage ich:
"Ich bin unfotogen, und sehe auf jedem Foto beschissen aus!"
Es gibt ein tolles Kinderbild von mir, als ich ungefähr 6 Jahre war: noch strohblonde Haare,weißer Schal(ich war erkältet), rote Wasserpistole, Schaukel im Hintergrund, ich renne durch die Gegend verfolge irgend wen, schaue aber direkt in die Linse und lache ungekünstelt und natürlich.
Es war das letzte Bild auf dem ich mir wirklich gefalle.
Danach nur noch einschneidende Erlebnisse: Familienbilder, die ich ruiniere, weil ich die Augen zu habe(häufig), weil ich ein gekünsteltes Lächeln der Kamera schenke(oft), weil man mir ansieht, das ich mich total unwohl fühle(immer) oder ich so ernst dreinschaue als wäre das Bild im Rahmen einer Beerdigung und nicht einer Hochzeit entstanden(2 Mal).
Die Fotografen in der Schule, die jährlich Bilder für den Schulausweis gemacht haben, begrüßte ich immer mit den Worten: "Hallo, ich bin wirklich und ganz echt unfotogen." - "Das kriegen wir schon. Setz dich erstmal da hin, und lächle ein wenig; sei ganz natürlich." Ca. Zehn Bilder später: "Okay...vielleicht schaust du doch lieber etwas ernster". "Ich habs ihnen doch gleich gesagt", konnte ich mir gerade so verkneifen, und hab es bei einem Blick, der das gleiche sagt, belassen.
Die Bilder, die dabei herauskamen, hätten auch bei "Neues von hinter schwedischen Gardinen" erscheinen können. Lustigerweise mussten wir, als die Fotos gemacht wurden, uns tatsächlich einen Blatt mit unserem Namen und unserem Geburtsdatum vor die Brust halten, damit der Fotograf uns richtig zuordnen konnte - es hätte also auch gut neben den üblichen Verdächtigen veröffentlicht werden können.
Und je öfter ich auf Bildern schlecht aussah, desto mehr redete ich mir ein, ich sei unfotogen.
Aber Ostersonntag bin ich auferstanden von den Fotoleichen. Wir waren mit der Verwandtschaft essen, als mein Cousin seine Kamera zückte, und mehrere Fotos von mir machte. Nachdem die ersten beiden nichts wurden, hab ich mir gesagt, dass es schon schön wäre, wenn ein ordentliches Foto von mir existieren würde, also hab ich alle Hemmungen fallen gelassen und natürlich in die Kamera gelacht. Es könnte auch daran gelegen haben, dass mein kleiner Großcousin, Felix, urplötzlich unter der Tischplatte zwischen meinen Beinen aufgetaucht ist; was man aber auf dem Foto zum Glück nicht sieht.
Und deshalb hab ich jetzt beschlossen, wenn ich in Zukunft fotografiert werde, mir den Felix zwischen den Beinen vorzustellen. Das mag unorthodox sein, aber das klappt - da bin ich mir sicher.
Arakasi - 19. Apr, 00:29