Freitag, 22. September 2006

Der Vorgang. Der Entschwindende.

Warst du überrascht, dass wir nie miteinander gesprochen haben? Dann in der Stille der Nacht - wenn nichts sich bewegt - wachte ich auf und sammelte ein paar Kleider auf. Ich habe dies niemals beabsichtigt, aber es geht seinen Weg und jetzt sieht alles so vertraut aus wie umgeblätterte Seiten auf Kalendern. Wir bekamen die gleichen zwölf Monate, um die Dinge kaputt zu machen - Jahr für Jahr - und ich kann nicht glauben wie niedergeschlagen ich bin; so tief wie der Brunnen in dem ich mich versenkt habe, das Wasser hört nicht auf, der Eimer bringt uns weiter und weiter nach unten. Ich vermute, dass du mich niemals gekannt hast, oder zumindest nicht gut genug. So lasse ich Rotwein meine Kehle hinunterlaufen bis mein Gehirn sich ausschaltet und meine Augen erblinden. Du wirst mich in der der dicken, schwarzen Luft dort nicht sehen. Ich werde endgültig etwas verschwinden lassen, weil ich das verschwinden geübt habe und es kapiert habe: es gibt keine Sonne, sondern nur Keller. Nirgendwo ist der Himmel; es ist nur schwarzer, schwarzer Dreck. Die Erweiterung nach außen lässt ausgerechnet Antworten widerhallen; nicht dass es eine Rolle spielen würde, ob es zurück oder vorwärts geht. Unglücklich Liebende mit Körben voll Blumen benutzen diese als Markierung für den Ort wo dein Bett stand, zur einer Zeit als es sich noch gut anfühlte. Aber du wirst dieses Gefühl zurück bekommen, du brauchst nur irgendwas zu trinken und so fülle ich meinen Darm mit diesem Rotwein bis mein Inneres schwimmt und meine Adern sich abspulen. Ich werde da ein Mal in dieser heißen, weißen Luft liegen und bemerken, dass etwas vergangen ist, was vielleicht niemals wieder erscheinen wird.

Mittwoch, 20. September 2006

Die Gelegenheit. Die Baldig-Erhoffte.

Nur eine kleine Unachtsamkeit des Schicksals, völlig unnötig und überflüssig, und schon schlittere ich in das tiefe, dunkle Loch. Doch das lasse ich nicht mit mir machen - diesmal. Ich beschließe erst noch sieben Tage lang zu fallen, in der Schwebe zu sein, dem siebten Himmel, aber auch dem Lochboden fern zu bleiben, ehe ich sanft aufschlagen werde. Du Schicksal, du schillernder Regenbogen eines räudigen Nachthimmels, gib mir noch eine Möglichkeit mich an ihren Haaren selbst aus dem Verlies zu ziehen.

Dienstag, 19. September 2006

Das Schreiben. Das Verfesselte.

Manchmal hat man eine wunderbare Idee und kann schreiben ohne zu wissen, wo man endet. Und manchmal weiß man wie ein Text schließen soll, und sucht nur nach dem richtigen Beginn - dem Satz, der alles wunderbar eröffnet. Manchmal spielt es auch einfach keine Rolle, ob ein Text Qualität besitzt.

Aktueller Stand:
[ ] Idee
[ ] Schluss
[x] Bedeutsamer Text

Samstag, 16. September 2006

Die Freiheit. Die Nicht-Existente.

Es war ein Fehler seine schwarzen Armani Mokassins samt Socken in eine Mülltonne zu werfen, nur damit ein Obdachloser bei der nächsten Flut ordentliche Schuhe hat. Aber Yann läuft gerne barfuss, wenn die Straße so warm ist, dass sie durch die Füße den ganzen Körper wärmt und die Gegend ausgestorben ist.

Zu fünft waren wir in die Nacht aufgebrochen. Noch bevor wir die erste Bar betreten hatten, verloren wir Pierre. Seine Nachbarin rief auf seinem Handy an, und erzählte ihm, sie würde Kotzgeräusche aus seiner Wohnung hören. In der Befürchtung, dass sein einziger Mitbewohner, sein Hund, den versteckten Schokoladenvorrat geplündert hatte, rannte Pierre zur nächsten U-Bahn Station. Als nächstes, gerade betraten wir die Garderobe der ersten Bar, musste sich Rick verabschieden. Ihm würde eben einfallen, weshalb seine Frau seitdem er von der Arbeit zu Hause war, ihm gegenüber sehr gereizt reagierte, teilte er uns mit. Joe brummelte etwas von "Hochzeitstag vergessen?", Quentlin fügte noch ein "oder gar ihren Geburtstag?" hinzu. Nein, diese Ereignisse wären für dieses Jahr schon überstanden, versicherte uns Rick. Er hätte sich heute Nachmittag doch nur frei nehmen sollen, weil da die Beerdigung ihres Vaters war. Hoffentlich kann das einen Blumenstrauß wieder gut machen, sprach er, und verschwunden war er in Richtung der nächsten Tankstelle. Nach der ersten Runde Bier verdrückte sich Joe erst einmal auf die Toilette und nach exakt 37 Minuten - wir stoppen so etwas immer -, in Begleitung einer leichtbekleideten Blondine - die Geldscheine schauten noch aus ihrem BH hervor -, zu sich nach Hause. Sein Siegeszwinkern haben Quentlin und ich auch jetzt noch, nach einem halben Dutzend Tequila Runden, vor Augen. Gerade debattierten wir lautstark darüber, ob "Garden State" oder "Kontroll" den jeweils passenderen Soundtrack besitzen, als Quentlin mitten im Satz mit dem Kopf auf den Tisch knallte. Angewidert von seinen Speichelfäden, die sich auf den Tisch ergossen, legte ich einen Fünfziger auf den Tisch und stürze aus der Bar.

Über Yanns warme Füße läuft sein warmes Blut. Nur mit dem Gedanken beseelt sich sein eigenes, kleines Stück Freiheit aufheben zu wollen, war er mitten in einen Scherbenhaufen gelaufen. "Bei Flut braucht man außerdem keine Schuhe!", schießt es ihm durch den Kopf, ehe er durch den großen Blutverlust geschwächt, in den Scherbenhaufen stürzt.

Dienstag, 12. September 2006

Das Kino. Das Mittwöchige.

Sie trägt einen Hut. Es könnte Filz sein. Ich kann es nicht genau erkennen, da das Licht recht schummrig ist und ich etwas versetzt fünf Reihen hinter ihr sitze. Mit einem Kribbeln im Magen als würde dort ständig Mais zu Popcorn, nehme ich auf dem Satinimitat Platz. Ich lasse sie die nächsten Minuten nicht aus den Augen, bis sich der schwere samtene Vorhang öffnet und die Leinwand den bekannten fünfzehn Sekunden Countdown, der drei Sekunden vor Schluss endet, zeigt.
Noch ehe der Abspann vorüber ist, ist sie verschwunden. Allerdings bin ich mir fast sicher, dass sie auch nächsten Mittwoch wieder hier sein wird.

Letzten Mittwoch sah ich sie. Sie trug schwarz-weiße Chucks aus Segeltuch mit einem selbstgemalten Schachbrettmuster und warf mir, wie auch die Wochen zuvor, einen unsicheren Blick zu - oder hat sich meinen nur erwidert?

Morgen Abend heißt es: "Läufer auf D8". Hoffentlich.
Hoffentlich aber nicht: "Matt".

Samstag, 9. September 2006

Die Lichter. Die Hellen.

Sie hat die Stadt in einem Zug nach New York verlassen, und mir alles weggenommen außer meinem Namen - eine Fremde mehr am Broadway. Es gibt Dinge auf dieser Welt, die man einfach nicht verändern und sehen kann, ehe es zu spät ist. Liebling, wenn all deine Liebe verschwunden ist, wer rettet mich vor allem, womit ich in dieser Welt konfrontiert bin? Vielleicht findest du irgendetwas, das genug ist, um dich zu halten, aber falls dich die hellen Lichter nicht aufnehmen, dann solltest du umdrehen und nach Hause kommen. Ich trage nun ein Loch in mir, ich habe eine Narbe, über die ich sprechen kann. Sie hebt ein Bild von mir in ihrer Wohnung in der Stadt auf. Einige Dinge auf dieser Welt ergeben keinen Sinn. Einige Dinge brauchst du nicht, bis sie dich verlassen haben und du sie vermisst. Lass die Stadt dich erfassen. Lass die Stadt dich ausspucken. Lass die Stadt dich heruntermachen.
Um Himmel Willens, Kehre Um!

Freitag, 8. September 2006

Der Heimweg. Der Hündische.

Der speierne Hund blickte ungläubig auf, als die schweren, gummierten Reifen ihn überfuhren - und das bei Vollmond. Der Fahrer des sechs-achsigen Lastwagens, so wird er später berichten, hätte aber auch nicht bremsen können, denn zu kostbar und fragil war seine Ladung, Kristallkugeln, und zu spät hätte er den Hund kommen sehen.
Die dreizehnjährige Sara, die gerade auf dem Heimweg von ihrer Freundin war, hörte nur ein ein lautes "Krscht" und sah dann das blutige Fellknäuel auf der Straße liegen. Vergnügt, dass sie es nicht ist, die da liegt, geht sie die letzten Meter zu ihrem Elternhaus.

Montag, 19. Juni 2006

Der Schemen. Der Vergessene.

Wie die Verkäuferin an der Fleischtheke, die fragt, ob es denn etwas mehr sein dürfe; wie der Mann vor dem Zigarettenautomaten, der fragt, ob man ihm denn 20€ klein machen könnte; wie die Schaffnerin im Zug, die einen darauf hinweist, dass man seine Fahrkarte noch nicht unterschrieben hat; so ist Aaerie - jemand den man ansieht, aber sobald er nicht mehr vor einem steht, schon wieder vergessen hat. Aaerie hatte noch nie einen Freund, denn wenn es einmal so weit kam, dass die Telefonnummern ausgetauscht wurden, so wunderte sich der andere, sobald er wieder in sein Telefonbuch schaute, wer denn dieser erste Eintrag, diese "Aaerie" sei. Es ist keineswegs selbstverständlich, dass man Aaerie vergaß; sie ist sehr hübsch, intelligent und kultiviert - doch alles was sie von sich gibt, ist so belanglos, dass selbst der triebgesteuertste Mann keinen Gefallen an ihr finden kann. Es wird, wenn sie stirbt, keine Todesanzeige geben, da niemand sie mehr kennen wird, aber würde es eine geben, stünde darin: "Sie kannte das Leben, aber niemand kannte sie." Ihr Leben besteht aus Einsamkeit, Verzweiflung und Erinnerungen an Unterhaltungen mit Menschen, an die nur sie sich noch erinnert und zwar an jedes Detail und jede Nuance. Vielleicht macht diese Tatsache ihre Einzigartigkeit aus - eine Einzigartigkeit, die nichts positives inne hat.

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