Genauer hingeblickt

Sonntag, 19. Februar 2006

Der Chauffeur. Der Elternkutschierende.

Ein scharfes Lufteinziehen von hinten rechts. Ein kurzer, unterdrückter spitzer Schrei - und noch mehr als ein halber Meter auf jeder Seite Platz. Jedes Mal. Jedes Mal, wenn ich aus unserem Hof ausparke und meine Mutter mitfährt. Ich bin es leid. So leid.

Donnerstag, 16. Februar 2006

Das Joggen. Das Feucht-Ärgerliche.

Beachte folgende Regeln, wenn du im Winter Joggen gehen willst:
  1. Warm anziehen
  2. Regenundurchlässige Sachen tragen
  3. Pfützen ausweichen; wenn nicht möglich: flachste Pfütze suchen
  4. Eisplatten umgehen
  5. Warm duschen...
Wenn nun aber 3. und 4. zusammenfallen - die Eisplatte in die flachste Pfütze - dann schlägt man sich das linke Knie auf, weil man diese Eisplatte ja erst, auf Grund des dreckig-trüben Wasser, sieht, wenn man darauf liegt. Man saut sich die Hose ein, die Handflächen werden nun zusätzlich zur Kälte auch noch durch den Schmerz taub und die Lust auf das Laufen ist einem gründlich vergangen. Man läuft trotzdem weiter. Vielleicht aus Ehrgeiz. Vielleicht aus Trotz.
Später, wenn man wieder zu Hause ist, geduscht hat, schwillt das Knie trotz Eisbeutels endgültig an und man humpelt spätabends bei noch immer strömendem Regen ins Kino.

Dreckswetter. Dreckiges.

Dienstag, 7. Februar 2006

Die Kurzgeschichten. Die Versteckten.

"Wie ich eines schönen Morgens im April das 100%ige Mädchen traf", ist der Titel des Buches, das ich zur Zeit lese. Es ist ein traumhaftes Buch voller Kurzgeschichten, wie sie unterschiedlicher nicht sein könnten.
Kurzgeschichten über 7 Seiten wechseln sich mit welchen über 40 Seiten ab, und wenn in der einen alles noch streng real zuging, ist in der nächsten von geschrumpften Menschen, den TV PEOPLE, oder der Elefantenfabrik die Rede, wo - man hält es nicht für möglich - Elefanten produziert werden. Verwirrend. Aber wunderschön geschrieben. Die Aussagen der Geschichten sind verschleiert, verschwommen und hintergründig. Bei manchen konnte ich etwas wiedererkennen und bei manchen grübele ich noch immer nach.

In einer Freistunde heute in der Schule erreichte ich eben das Kapitel "Familiensache", als jemand das Cover entdeckte, den Titel las und daraufhin den Drang verspürte, ihn auch allen anderen mitzuteilen. Manche grinsten oder lachten gar. Sie hielten das ganze wohl für einen verschnulzten Liebesroman. Wie falsch sie doch lägen, habe ich ihnen nicht gesagt. Es ist ein gutes Gefühl ab und an zu wissen, dass man anderen überlegen ist und, dass man selbst nie nur anhand des Titels auf den Inhalt eines Buches schließen würde. Oberflächlichkeit. Verdammte.

Montag, 6. Februar 2006

Der Fasching.

Es sei bald wieder Fasching, habe ich heute erfahren.

Letztes Jahr hat man mich am Tag nach meinem 18. Geburtstag genötigt, einen dieser Umzüge zu besuchen. Ich hätte kotzen können - was aber eher auf den Restalkohol der Geburtstagsfeier und die damit verbundenen Kopfschmerzen zurückzuführen ist, als auf die großen, bunten Umzugswägen mit den vielen, lustig-verkleideten Menschen - diese waren einfach nur lästig. Ihre Kostüme haben einzig und allein den Zweck möglichst viele, geräumige Taschen für möglichst viele Flaschen Hochprozentiges bereit zu stellen. Ihre Wägen sind rollende Alkohollager, aus denen die großen Hits unserer Zeit - Call On Me - im Repeatmodus aus den übertriebenen 3000 Watt Boxen schallen, die auch noch Minuten später im Schädel hallen. Menschen ganz gleich welchen Geschlechtes, Alters oder Bekanntheitsgrades fallen mir mit einem donnernden "Helau" um den Hals, um mich an ihrer überschwänglichen Freude teilhaben zu lassen - oder weil sie sich vor übermäßig genossenem Alkohol nicht mehr auf den Beinen halten können. Auf meinem Weg durch die Menschenmassen sehe ich mehrere Halbwüchsige, die sich an Häuserwände oder auf Gehsteige übergeben; es ist kurz nach 13:11 Uhr. Überforderte Eltern versuchen ihre Bälger, die Cowboy und Indianer spielen, von den Rädern der Wägen fernzuhalten und gleichzeitig mit ihren Bekannten den nächsten Prosecco zu leeren.
Alles wirkt so fröhlich aus der Ferne. Aber wenn ich den Kostümierten in die Augen sehe, blickt mir meist nur aufgesetzte Freude und Oberflächlichkeit entgegen - und eine Alkoholfahne weht im Wind und schlägt mir in die Nase.
Als mich schließlich noch ein hinkender Penner mit zerschlissenen Kleidern und verflilzten Haaren rempelt, mich dabei beschimpft und seinen billigen Sangria mit unflätigem Gefluche auf den Pflastersteinen und mich verschüttet, sehne ich mich endgültig nach Abgeschiedenheit und Ruhe - kurz bevor er zwischen dem Gewand einer besoffenen Prinzessin und dem Schild eines römischen Legionärs abtaucht, erkenne ich aus den Augenwinkeln einen funkelnden Faschingsorden, der an einer Kordel um seinen Hals hängt.
Die einzige Ausnahme, die mir an diesem Tag begegnet war. Zu wenig.

Es sei nächstes Jahr auch wieder Fasching, habe ich eben erfahren. Und Übernächstes. Und in drei Jahren... und...andere werden dort sicher ihren Spaß, wenn sie so Spaß definieren mögen, immer und immer wieder haben, solange mich niemand mit Faschingsthemen, Kostümen, Umzügen, Prunksitzungen und Rosenmontagsbällen behelligt, ist mir das völlig gleichgültig.

Mittwoch, 1. Februar 2006

Die Perspektiven. Die Drei.

Am eigentlichen Gesprächspartner unauffällig vorbeischauen, weil sie durch die Tür hinaus und noch fünf Meter weiter, hinter ihm steht:

Ich habe es bemerkt.
Und habe mich gezwungen mich auf die Augen meines direkten Gegenübers zu konzentrieren. Ohne Erfolg. Du sahst verändert aus: besser; du blühst auf. Ich habe nur einmal erlebt, dass du aus dir herausgegangen bist, deinen Gefühlen Ausdruck verliehen hast. Und da habe ich es wirklich gespürt, ich empfand es als wohltuend für dich und mich - es war einfach nur fatal falsch. Jetzt. Im Nachhinein betrachtet.

Sie hat es bemerkt.
Und weggesehen. Angewidert. Befangen. Genervt. Betreten. Kalt. Doch vielleicht habe ich auch nur das wieder gesehen, was ich auch sehen wollte? Es würde es leichter machen, sie abhaken zu können. Ganz Nüchtern. Sachlich. Oder: Ich will sie gewinnen. Emotional. Gefühlsüberschäumend. War da nicht doch ein Lächeln in ihren Augen?

Mein Gespärchspartner hat es bemerkt.
Und die Sätze mehrmals wiederholt, weil er wohl meinte, ich hätte ihn nicht gehört. Ich habe ihn gehört. Ich habe sogar zugehört, aber ihn nicht wirklich verstanden, nicht reagiert, selbst etwas gesagt oder zumindest interessiert geblickt. Nun, ich muss gestehen, ich war nicht am ihm interessiert. In diesem Moment. Das war, nüchtern betrachtet: völlig falsch. Emotional gesehen: absolut nachzuvollziehen.

Ich muss es klären. Für mich. Für sie. Für dritte.
Ich kann alles gewinnen, indem ich alles bekomme, oder, indem ich alles verliere. Wieder einmal. Ich kenne mich da aus ...

Sonntag, 22. Januar 2006

Der Entschluss. Der Gefasste.

Ich kenne das Gefühl. Ich kenne es viel zu gut.

Zuerst werden meine Hände feucht, als würde ich Schokoladeneis essen. Ich suche unseren silbernen Eislöffel, mit dem ich die halbe Eispackung aushöhle, und die Kugeln - meistens Schollen - in das Schälchen gebe. Ich bringe die Eispackung in den Keller zurück, zur Gefriertruhe. Ich kehre in die Küche zurück, und nehme mein Eis, das inzwischen auf Grund komplizierter physischer Prozesse an seiner Außenwand mit Feuchtigkeit benetzt ist. Diese unangenehme, klamme Feuchtigkeit. Ich wische sie immer mit einem herumliegenden Handtuch weg. Jetzt bin ich machtlos. Ich bin in meinem Zimmer. Ich habe hier keine Handtücher.

Danach krampft sich mein Bauch zusammen, gleich den Nächten vor wichtigen Klausuren. Ich liege im Bett, und weiß, dass ich zuwenig gelernt habe. Ich vergleiche meinen gelernte Zeit mit der meiner Mitschüler. Doppelt und Dreimal soviel haben jene gelernt. Ein beklemmendes Gefühl macht sich in meiner Brust breit. Noch nicht angeschaute - geschweige denn gelernte - Teilbereiche bahnen sich ihren Weg in meine Gedanken. Ich grübele, zittere, verkrampfe und schlafe irgendwann ein. Am nächsten Nachmittag setze ich mich über meine Bücher und lerne bis der Kopf sich weigert, noch etwas aufzunehmen. Jetzt bin ich machtlos. Der Kopf und die Gedanken sind ausgeschaltet. Das kann man nicht lernen.

Und schließlich rast mein Herz, wie in den Sekunden vor der wichtigen-Klausur-Zurückgabe. Ich sitze auf meinem Platz, ich drehe den Kuli in meiner Hand auf. Dann wieder zu. Doch wieder auf. Meine Augen starr auf das Bündel Blätter gerichtet, das der Lehrer hält und austeilt. Ich warte auf meinem Namen, um Gewissheit zu bekommen. Ich bin aufgeregt, angespannt, aber doch optimistsch, weil auch Rückschläge bei der nächsten Prüfung korrigiert werden können. Das kann ich nicht mehr korrigieren. Ein Rückschlag würde mich unwiederbringlich zu Boden schmettern.

Ich nehme den Hörer ab und wähle...
...und schwebe nur knapp über dem Boden.

Freitag, 20. Januar 2006

Die Arbeit. Die Unnütze.

Ein kurzes Klavierintro, dem ein sanfter, glasklarer Gesang folgt: Snow can wait, i forgot my mittens. Ich sehe hinaus, sehe die Schneeflocken geräuschlos zu Boden sinken, höre Tori Amos unangebracht laut. Wipe my nose, get my new boots on. Der Winter ist doch noch einmal zurückgekehrt. Und Winter klingt ergreifend. When you gonna make up your mind? Meine Mutter schlägt die Tür auf, stürzt in das Zimmer - Boys get discovered - und ich wurde zum Schneeräumen auserkoren. Ich kann mir ein Grinsen in meinem Groll nicht verkneifen, denn as winter melts ist beim besten Willen nicht zutreffend. Years go by and I'm here still waiting. Sicherlich nicht, dafür würde meine Mutter schon sorgen. So müssen meine Boxen meinem iRiver weichen, und Tori Amos macht Coldplay Platz. Nur um das zynische Spiel zu vollenden.
Ich steige die Treppe hinab, suche meine dicken Winterstiefel, die ihre Premiere in dieser Saison feiern, schlüpfe hinein, binde die runden Schnürsenkel von denen ich weiß, dass sie zu oft aufgehen, richtig fest zu und ziehe meinen Mantel an. Ich öffne die Tür und - schließe sie wieder. Es ist Winter. Mit Schal und Mütze präpariert, wage ich einen erneuten Versuch. Tür auf, 2 Schritte nach vorn, umdrehen, Türe schließen. "Geschafft", - ist der einzige Gedanke zu dem ich eine Stunde später noch in der Lage bin.. Der Querweg über den Berg in unseren Hof ist wieder frei.

Und die 15cm Schnee, die den Rest des Berges noch bedecken, sind mir sehr gleichgültig - All the white horses have gone ahead - und waren am Mittag des nächsten Tages geschmolzen.
Es war Winter.

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